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Smart Investor Ausgabe 06/2021

Unterrepräsentierte Anlageklasse mit hoher Substanzkraft An Aktien führt kein Weg vorbei – sie sind langfristig allen anderen liquiden Anlageklassen überlegen. Trotz mancher Krisen und Crashs in den letzten 120 Jahren haben sie Anleihe­ und Geldmarktpapiere weit hinter sich gelassen. Eine aktuelle Studie der Credit Suisse von 1900 bis 2020 belegt dies eindrucksvoll: „Über mehrere Jahrzehnte und Ländergrenzen hinweg gerechnet zeigt sich: Globale Aktien haben in dieser Zeit eine annualisierte, inflationsbereinigte Rendite von 5,3% erzielt – im Vergleich zu 2,1% für Anleihen und 0,8% für Schatzwechsel (beispielsweise Geldmarktpapiere oder kurzfristige Schuldverschreibungen der öffentlichen Hand)“.1 Andererseits sind Investitionen in Einzeltitel riskant. Dies zeigt auch eine Studie des Flossbach von Storch Research Institute zu 990 Aktien aus Deutschland. Weniger als die Hälfte aller Aktien entwickelte sich demnach wie erwartet – und jede fünfte erweist sich sogar als Totalverlust. In den 17 Jahren, die die Studie betrachtet hat, verlor jede fünfte Aktie 90% oder sogar mehr an Wert. Nur 61% der Titel kamen in diesem Zeitraum überhaupt auf eine positive Rendite – und dies, obwohl das Analysehaus seine Untersuchung im Januar 2003 startete, also nachdem die Technologieblase bereits geplatzt und die Aktienkurse tief gefallen waren. Hätten sie im Januar 2000 begonnen, schreibt die Süddeutsche Zeitung (SZ), wären die Ergebnisse noch viel schlechter ausgefallen.2 Welche Aktien sind also die richtigen? Genau diese Frage beschäftigt die Anleger auf der Suche nach sinnvollen Investments. Eine interessante Möglichkeit ist die noch deutlich unterrepräsentierte Anlageklasse der börsennotierten Beteiligungsunternehmen. Es handelt sich hierbei um Aktien 1 Quelle: FONDS professionell, 5.3.2021. 2 Quelle: FONDS professionell, 3.3.2021. von Beteiligungsgesellschaften, Holdings und Mischkonzernen. Diese Unternehmen verfolgen Diversifizierungsstrategien, um vor allem Wettbewerbsvorteile zu erzielen und nachhaltige Vermögenswerte zu schaffen. Ihre Geschäftsmodelle bestehen hauptsächlich darin, Beteiligungen an anderen eigenständigen Unternehmen zu erwerben oder Unternehmen zu kaufen. Diese können langfristig gehalten, entwickelt und integriert werden. Darüber hinaus können Unternehmen nach einiger Zeit mit Gewinn wieder veräußert werden. Zugleich erwirtschaften die meisten Beteiligungsunternehmen häufig durch ihr Kerngeschäft hohe operative Cashflows, halten ausreichend Cash für antizyklische Investments und bergen z.B. Spin­off­Potenziale. Außerdem bieten spezialisierte Beteiligungsunternehmen Investoren einen Zugang zu speziellen Themen, Branchen und Märkten. Viele dieser Unternehmen bestehen seit mehreren Jahrzehnten, einige von ihnen haben eine Historie von über 100 Jahren. Sie haben eine hohe Substanzkraft, zahlreiche Krisen überstanden und sich immer wieder neu erfunden, weiterentwickelt und verbessert. Beteiligungsunternehmen bauen die zukünftigen Gewinner! In diesem „Aktien­Spezial“ werden die Potenziale dieser Anlageklasse aufgezeigt, die Investmentstrategien der Aktien börsennotierter Beteiligungsunternehmen erläutert und anhand von Unternehmensbeispielen unterlegt. Diese werden am Ende des Beitrags in einer Tabelle zusammengeführt. Eine aufschlussreiche, informative und Gewinn bringende Lektüre wünscht.

Mit den Profis investieren Bei einem nachweislichen Renditepotenzial von über 15% p.a. in Zehnjahreszeiträumen ist es lohnenswert, sich mit den ausschlaggebenden Erfolgsfaktoren und Ertragspotenzialen dieser Anlageklasse näher zu beschäftigen. Beteiligungsunternehmen haben aufgrund ihrer Diversifizierungsstrategien eine Art Fondscharakter und ihre Erfolge sind maßgeblich von der Managementleistung der Unternehmensführung sowie der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells abhängig. Im Unterschied zu den immer stärker regulierten offenen Fonds können Beteiligungsunternehmen mit deutlich höheren Freiheitsgraden und unabhängiger von Benchmarks agieren sowie ggf. antizyklisch investieren. Die Unternehmen profitieren als Eigentümer im Unterschied zu Fonds von spezifischen Kenntnissen zu ihren Investmentbeteiligungen und Akquisitionen. Es wird rein unternehmerisch gehandelt und die vorhandenen Ertragspotenziale sind aufgrund unterschiedlicher Investmentstrategien auf Kursgewinne, Dividenden und zusätzliche Ertragsmöglichkeiten ausgelegt. Hier ein Überblick: Primäre Strategien: Buy and Hold, Buy and Build, Buy and Sell In der Regel lassen sich Beteiligungsunternehmen auf Basis ihrer getätigten oder angestrebten Investmentbeteiligungen und Akquisitionen einer primären Investmentstrategie zuordnen, denn diese können langfristig gehalten (Buy and Hold), entwickelt und integriert (Buy and Build) oder nach einiger Zeit wieder veräußert werden (Buy and Sell). Somit sind sie in der Lage, aktiv an der Entwicklung der Unternehmenspotenziale mitzuarbeiten – z.B. werden im Rahmen von Buy-and-Build-Strategien erworbene Unternehmen weiterentwickelt und in bestehende Unternehmensnetzwerke integriert. Erfolgsfaktoren und Investmentstrategien von Beteiligungsunternehmen Value Investing Der Ansatz geht auf Benjamin Graham zurück, den Vater der fundamentalen Wertpapieranalyse, die als Basis für das Value Investing gilt. Ausgehend von seiner Ursprungsidee haben sich bis heute verschiedene Arten des Value Investing entwickelt. Dabei bleibt der zentrale Punkt die Sicherheitsmarge: die Differenz zwischen dem Marktpreis und dem inneren Wert eines Unternehmens. Je weiter der Marktpreis unter dem inneren Wert liegt, desto höher ist die Sicherheitsmarge bei einer geplanten Investition. Häufig kaufen Beteiligungsunternehmen ihre Investmentbeteiligungen und Akquisitionen mit tiefgreifenden Kenntnissen in Industrien und Branchen unter ihrem Substanzwert. Das bekannteste Unternehmen in diesem Bereich ist Warren Buffetts Berkshire Hathaway. Buffett hat sich an Graham orientiert und dessen Ansatz für sich weiterentwickelt, indem er bei Investments neben quantitativen auch qualitative Kriterien prüft. Diese unterliegen der subjektiven Einschätzung, wie z.B. die Bewertung des Managements, Werthaltigkeit der Produkte und Dienstleistungen, Aussichten und Wettbewerbssituation der Branche. Minder- oder Mehrheitsbeteiligungen Einige Unternehmen fokussieren ihre Investitionsstrategien auf Minder- und/oder Mehrheitsbeteiligungen, ohne sich dabei konkret auf eine der benannten primären Strategien festzulegen. Eine Minderheitsbeteiligung macht weniger als 50% der gesamten Unternehmensanteile aus, sodass für Entscheidungen immer Mehrheiten gesucht werden müssen. Neben Kursgewinnen und Dividenden werden oft Synergieeffekte wie z.B. gemeinsame Vertriebsstrategien oder Forschungs- und Entwicklungskooperationen angestrebt. In der Folge kann es auch zu Zusammenführungen von Unternehmen kommen. Demgegenüber ermöglicht eine Mehrheitsbeteiligung, die mehr als 50% der Anteile ausmacht, deutlich größeren Einfluss auf die Geschäftsführung und eine Überstimmung bei Beschlüssen. Sondersituationen Für Beteiligungsunternehmen besteht aufgrund ihrer Vielzahl an Investmentbeteiligungen und Akquisitionen, die häufig in Tochtergesellschaften strukturiert sind, die Möglichkeit, von Zusammenführungen, IPOs, Spin-offs, Delistings oder sonstigen Kapital- und Strukturmaßnahmen zu profitieren. Wachstumsorientiert und Wachstumsfinanzierung Bei diesen Strategien wird deutlich aggressiver und riskanter investiert, häufig ganz im Gegenteil zur Sicherheitsmarge im Value Investing. Bei der Investition in Wachstumsunternehmen geht es also weniger darum, ob das Unternehmen bereits Gewinne erzielt – viel wichtiger sind die zu erwartenden Gewinne. Wachstumsunternehmen erschließen mit ihren innovativen und disruptiven Geschäftsmodellen oder neuen Produkten und Dienstleistungen auch ganz neue Märkte und Branchen. So auch bei der Wachstums- bzw. Private-­EquityFinanzierung, mit dem vornehmlichen Zweck, das Risiko bei Geschäftsneugründungen (Start-ups) mitzutragen oder die Neuordnung (Restrukturierung, oft mit dem Ziel eines Börsengangs) eines Unternehmens zu finanzieren. Royalty and Streaming Eine weitere Ertragsmöglichkeit bietet sich Royaltygesellschaften, deren Geschäftsmodelle sich u.a. auf die Vereinnahmung von Lizenzgebühren konzentrieren. Royaltygesellschaften zahlen Geld und bekommen dafür einen Anteil an den Erträgen auslaufenden oder anstehenden.

Umsätzen von Unternehmen aus den Bereichen Rohstoffe, Pharma und Biotech oder auch erneuerbare Energien, insbesondere bei Rohstoffen oft ergänzt um Lieferabkommen. Im Fachjargon wird das Modell als „Streaming“ bezeichnet. Es räumt einem Unternehmen das Recht gegen Vorauszahlung ein, während der gesamten Vertragslaufzeit einen Teil oder die gesamte Produktion einer Mine zu einem festgelegten Preis zu kaufen. Diese Beteiligungsunternehmen sind äußerst cashfloworientiert. Real Estate Investment Trusts (REITs) Diese Beteiligungsgesellschaften sind auf die Immobilienbranche spezialisiert. Es handelt sich um Unternehmen mit Steuerprivilegien, die Immobilien besitzen oder deren Betriebsergebnis aus Immobiliendienstleistungen wie z.B. Verwaltung, Finanzierung etc. stammt. Der REIT-Status verlangt je nach nationaler Gesetzgebung, dass die Beteiligungsgesellschaft den größten Teil des Gewinns an die Aktionäre ausschüttet. Bei der Investition in börsennotierte Beteiligungsunternehmen erscheint eine Kombination von einigen der vorgestellten Investmentstrategien zur Diversifizierung sinnvoll.

Investorenlegende Warren Buffett

Oft wird der inzwischen 90-jährige Warren Buffett als einer der erfolgreichsten Investoren der Welt bezeichnet und er gilt mit Berkshire Hathaway als Maßstab für börsennotierte Beteiligungsunternehmen. Zu Recht: Buffett und sein Partner Charles Munger haben Einmaliges erreicht. In den letzten 56 Jahren stieg die Aktie von Berkshire Hathaway von 19 auf über 400.000 USD, also um den Faktor 21.050. Das entspricht einer jährlichen Rendite von über 19%. Dieser Erfolg fußt auf Buffetts Geschäftssinn. Bereits mit sechs Jahren erzielte er 1936 seinen ersten Gewinn mit Coca-Cola-Sixpacks. 1947 kaufte er einen Rolls-Royce für 3.500 USD, den er für 35 USD pro Tag vermietete. Seine 1956 gegründete Firma „The Buffett Partnership Ltd.“ kann getrost als einer der ersten Hedgefonds bezeichnet werden. Buffett erreichte über 29% jährliche Rendite und kassierte von seinen Mitinvestoren hohe Performancegebühren (über 6%, 25% bis 33% Fee) und konnte folglich von seinen richtigen Anlageentscheidungen deutlich stärker profitieren als Normalanleger. In deutlich größere Dimensionen stieß er dann mit seinem Investmentvehikel Berkshire Hathaway vor, das er ab 1969 von einer Textilfirma zur mächtigen Beteiligungsgesellschaft mit diversen Investmentbeteiligungen umbaute. In der Folge wurden auch ganze Firmen von ihm erworben (Buy and Build und Buy and Hold) und Berkshire Hathaway wurde zur Beteiligungsholding. Bei über 50 Investmentbeteiligungen und mehr als 50 integrierten Berkshire Hathaway Firmen kann man heute auch von einem Mischkonzern sprechen. Grundlage seines Erfolgs war und sind die Beteiligungen an werthaltigen Unternehmen, welche einen stetigen Kapitalertrag erzielen. Daher wird diese erfolgreiche Philosophie des Value Investing à la Buffett von Anlegern oft als Grundlage für Investitionen herangezogen

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